Asylkreis Allmersbach im Tal


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Info vom 29.11.2015 ________________________________________

 


Leitung:

Walter Wötzel
walter.woetzel@asylallmersbach.de





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Einzelschicksale unserer Flüchtlinge (Abdul* 24 J. / Hassan* 18 J. / Kalil* 34 J. / Ibrahim* 35 J. )

*Alle Namen geändert

  

Bernd Schaible besuchte zusammen mit Übersetzerin Nura Al-Sibai die "Penny-Lane" um einige Syrer zu ihren Fluchtmotiven und Erlebnissen zu befragen, weitere Interviews mit unseren Afrikanern sollen folgen.

Einen ganz herzlichen Dank an Nura, die die Interviews erst möglich gemacht und die Schilderungen ins Deutsche übersetzt hat.

  


  

Abdul* (24 J.) kommt aus einer Stadt in der Nähe von Idlib in Syrien mit überwiegend sunnitischer Bevölkerung. Er ist gelernter Bankkaufmann und studierte im 3. Jahr Betriebswirtschaft. Die Nachbarstadt ist schiitisch geprägt und steht damit dem Regime von Assad nahe. Bei Spannungen zwischen beiden Städten greift damit die Armee im Zweifelsfall den bisherigen Wohnort Abduls an. Er kennt alle Gräuel des Krieges bis hin zu Giftgaseinsätzen. Der Tod ist allgegenwärtig. Sein Bruder, dessen Frau, dessen 11 Tage alte Tochter und der drei Jahre alte Sohn kamen bei einem Raketenangriff ums Leben. Für ihn steht fest, dass Assads Truppen dafür verantwortlich waren, da nur sie Raketen, Fassbomben und Giftgas besäßen. Er spricht bedächtig und überlegt.

  

Abdul überquerte illegal zu Fuß die Grenze zur Türkei. Für 1.100 $ verschaffte ihm ein Schleuser ein Boot nach Griechenland. Zu Fuß ging es in kleinen Gruppen weiter über Mazedonien nach Belgrad. Ein Schleuser brachte ihn dann mit dem Auto für 1.700 € bis kurz vor die österreichische Grenze. 20 km vor der Grenze mussten er und eine mitreisende Familie mit kleinen Kindern das Auto verlassen. Abdul lief dann zur österreichischen Grenze. In Österreich wurde er mit dem Bus nach Wien und von dort mit dem Zug nach München gebracht. In Deutschland war er bisher in verschiedenen Unterkünften.

 
Er war 20 Tage unterwegs. Seine Familie hat die Flucht bezahlt.

 
Seine Wünsche:
- Fortsetzung seines Studiums
- Frieden in Syrien ohne Assad
- Rückkehr in ein befriedetes Syrien

 
Er dankt für die herzliche Aufnahme in Allmersbach und würde gerne eines Tages ein Stück dieser Herzlichkeit zurückgeben.

  


  

Hassan* (18J.) ist in Yarmuk aufgewachsen, dem Palästinenserlager am südlichen Rand von Damaskus. Er hat die Schule nach 12 Jahren abgeschlossen.

 
Seit dem Eindringen des IS in Yarmuk ist das Lager heftig umkämpft zwischen IS, Palästinensermilizen und syrischer Armee. Fassbomben und Raketeneinschläge gehören zum Alltag. Hassan entschied sich nicht nur zur Flucht aus dem Lager, sondern aus Syrien, da er mit dem Erreichen des 19. Lebensjahres fest mit dem zweieinhalbjährigen Wehrdienst in der Armee rechnen musste.


Er hat sich für 4.000 € ein gefälschtes russisches Visum und damit einen Flug nach Moskau besorgt. Die Zwischenlandung in Belgrad hat er genutzt und ist mit dem Zug an die kroatische Grenze gefahren. Dort musste er drei Tage im Freien campieren, bis es mit Bussen in die slowenische Hauptstadt ging. Von dort hat ihn ein deutscher Helfer an die österreichische Grenze gefahren, ohne dafür Geld zu wollen. In Österreich kam er zunächst in ein Lager und wurde dann in einen Zug nach Karlsruhe gesetzt und kam schlussendlich über einige Lager nach Allmersbach.

  

Er war 8 Tage unterwegs. Seine Familie hat die Flucht bezahlt.
 
Er möchte eine handwerkliche Ausbildung machen und in Deutschland bleiben.
 


 

Kalil* (34 J.) kommt aus Damaskus. Er hatte bereits mit 18 Jahren seinen Wehrdienst abgeleistet. Als er nun wieder Kriegsdienst in der syrische Armee leisten sollte, hat er sich zur Flucht entschlossen. Er hat seinen Lebensmittelladen verkauft. Um seine Flucht aus dem von der syrischen Armee kontrollierten Gebiet zu verschleiern, ist er in den Libanon „gereist“ und von Beirut nach Dalaman in der Türkei geflogen. Nach fünfstündiger Busfahrt war er dann in Izmir, wo er einen Schlepper fand, der für 1.200 € seine Überfahrt nach Griechenland organisieren wollte. Aber zunächst wurde er drei Tage mit 60 anderen Personen in einer leer stehenden Fabrik eingeschlossen. Dann wurden sie auf zwei Schlauchboote mit einer Kapazität von jeweils 15 Personen verteilt. Die Kinder an Bord sollten zum einen bei der Entdeckung durch Patrouillenboote für Mitleid sorgen, auf der anderen Seite mussten sie absolut ruhig gestellt werden, um einer Entdeckung zu entgehen. Außerdem mussten auf Anweisung der Schleuser die Boote vor der Landung versenkt werden, damit sie durch die Marine nicht wieder aufs offene Meer geschleppt werden konnten.

 
Bei der Ankunft auf der griechischen Insel – einem Freitag – führte die Polizei keine Registrierung durch, angeblich wegen eines Feiertags. In der Folgewoche wurde von griechischer Seite die Überfahrt nach Thessaloniki für 52 € organisiert. Von dort erreichte Kalil zu Fuß die mazedonische Grenze, wo er mit immer mehr Flüchtlingen in Regen und Kälte die nächsten 12 Stunden ausharrte, ohne dass sie die Grenze passieren durften. Er umging daraufhin in einem mehrstündigen Fußmarsch den Posten, wurde aber in Mazedonien aufgegriffen und in ein Lager gebracht. Zwölf Stunden später, mit den notwendigen Papieren zur Weiterreise, brachte ihn ein Taxi mit drei anderen für jeweils 25 $ bis kurz vor die serbische Grenze. Dort verhinderte die serbische Armee die Einreise. Ein Mazedonier führte die Gruppe für weitere 25 $ p. P. auf Schleichwegen (8 Stunden) nach Serbien. In Serbien wurden die Flüchtlinge mit Kleidung, Essen und SIM-Karte versorgt. Ein Bus fuhr sie zum Normaltarif an die ungarische Grenze.

 
Um nicht einem Schleuser 1.250 € für die Fahrt nach Wien zu zahlen, ging er illegal über die Grenze, wurde aber bereits nach drei Stunden von der ungarischen Polizei aufgegriffen. Er kam lediglich für drei Tage ins Gefängnis, da er seiner Registrierung per Daumenabdruck zustimmte. Während seiner Zeit im Gefängnis hatte er am ersten Tag ein Bett, an den beiden Folgetagen nicht. Die Versorgung während dieser Zeit bestand aus einem Stück Brot mit verdorbenem Fleisch. Schlimm waren auch die Demütigungen.

 
Menschen, die den Daumenabdruck verweigerten, mussten sich nackt einer vollständigen Untersuchung unterziehen und 15 Tage im Gefangenenlager bleiben.

Vom Lager wurde Kalil mit dem Zug nach Budapest gebracht, wo er eine Fahrkarte für 75 € zur Weiterfahrt nach Wien löste. Aber der Zug fuhr nicht dorthin, sondern hielt schon nach kurzer Zeit. Kalil nahm sich mit 9 anderen Personen einen Van ohne Sitze, der ihn für 500 € nach Passau brachte. Über einige Stationen in Deutschland kam er schlussendlich nach Allmersbach.


Nachdem er hier in Sicherheit ist, möchte er schnellstmöglich arbeiten. Am liebsten würde er nach Kiel weiterreisen, wo seine Schwester seit Jahren lebt.
 


 

Ibrahim* (35 J.) kommt aus Aleppo. Er ist geschieden und hat drei Töchter. Die älteste ist 6, die jüngste 3 Jahre alt. Vor 5 Jahren quartierte sich mit Beginn des Bürgerkriegs die syrische Armee bei ihm ein. In der Folge wurde sein jüngerer Bruder von der freien syrischen Armee getötet. Der jüngste Bruder tötete den Todesschützen, womit der Bürgerkrieg zur Familienfehde mit Blutrache wurde. Damit war Ibrahim nicht mehr sicher. Er floh in die Türkei. Für den Grenzübertritt zahlte er einem Schleuser 100 $.

 

Da es ihm gelungen war, seine Farm zu verkaufen, konnte er in der Türkei als relativ wohlhabender Mann mit seiner Familie anderthalb Jahre davon leben. In dieser Zeit wurde auch seine jüngste Tochter geboren. Da er auch in der Türkei durch die Blutrache gefährdet war (sie betrifft nur die männlichen Familienmitglieder), ging seine Frau in ihre ägyptische Heimat zurück. Ihm war das ohne Pass unmöglich. Leider fand die von ihm erhoffte Beendigung der Familienfehde durch Vergebung der Familien nicht statt. Auf Grund der aussichtslosen Lage vertraute er sich in Izmir einem Schleuser an, der ihn für 1.200 $ nach Griechenland bringen wollte. Das mit 50 Menschen überfüllte Schlauchboot sank noch in türkischen Gewässern. Die türkische Marine rettete sie und inhaftierte sie für 2 Tage. Danach wurden sie ihrem Schicksal überlassen.

 

Der Schleuser war inzwischen spurlos verschwunden. Ibrahim schlug sich dann einen Monat als Heilpraktiker durch. Dann fand er einen neuen Schleuser, der ihm für 1.350 $ eine vierstündige Überfahrt auf eine griechische Insel verschaffte. Dort schlief er 11 Tage im Freien. Um seine Verpflegung musste er sich, wie alle anderen, selbst kümmern. Die täglichen Schläge und Erniedrigungen hörten erst auf, als europäische Fernsehteams über die Zustände berichteten.

 

Am 14.9. wurde er endlich registriert und konnte mit dem Schiff für 60 € regulär nach Athen reisen. Wegen seiner Beinverletzung durch die Schläge konnte er nicht zu Fuß an die mazedonische Grenze gehen, sondern nahm sich mit drei anderen Flüchtlingen ein Taxi, für das jeder 250 € zahlen musste. Die Fahrt an die ungarische Grenze kostete weitere 160 €. Dort zahlte er einem Schleuser 500 €, der ihn zwar über die Grenze brachte, aber die Polizei informierte. Er kam „nur“ für drei Tage ins Gefängnis, da er seiner Registrierung per Daumenabdruck zustimmte. Während seines Gefängnisaufenthalts musste er Schläge und Erniedrigungen über sich ergehen lassen. Nach seiner Freilassung war er wieder auf sich selbst gestellt.

 

Für die Fahrt nach Österreich zahlte er in einem überfüllten Auto 100 €. Dort wurde in einem Auffanglager seine schwere Beinprellung behandelt. In Wien kaufte er für 125 € eine Fahrkarte nach Frankfurt. Seine Fahrt endete jedoch schon in München. Von dort aus kam er über verschiedene Zwischenaufenthalte nach Allmersbach.

 
Er wartet mit Ungeduld auf seinen Anhörungstermin am 30.3.2016, da dies für ihn der Schlüssel für weitere Aktivitäten ist. Er möchte schnellstmöglich wieder arbeiten und ist für jede Tätigkeit dankbar. Er möchte nicht als Almosenempfänger zur Last fallen, sondern auf Augenhöhe unter den Menschen hier leben. Seine Mutter und seine drei Kinder sind noch in der Türkei, sie fehlen ihm sehr.